Nachlese unserer LMC Kosmetik-Tagung vom 07.02.2019

Am 07. Februar 2019 luden wir zur 4. LMC Kosmetik-Tagung nach Stuttgart. In der Beletage des GENO Hauses genossen die rund 40 Teilnehmer und das Team von LMC Service die interessanten und abwechslungsreichen Vorträge von Vertretern der Industrie und der Behörde. Sowohl für das leibliche Wohl als auch für den Raum zu anregenden Gesprächen und fachlichem Austausch wurde bestens gesorgt. Folgend finden Sie einen kurzen Abriss der jeweiligen Vorträge. Später im Jahr erscheint ein ausführlicher Artikel im SOFW-Magazin.

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Herr Dr. Christophe Goldbeck vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt in Münsterland-Emscher Lippe eröffnete die Vortragsrunde und beleuchtete mit „MOSH/MOAH in aller Munde“ die toxikologische Relevanz in Kosmetika und die Sicht der Behörden.

 

Bei MOSH (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons) handelt es sich um hoch alkylierte, gesättigte Kohlenwasserstoffe. MOAH (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons) sind hoch alkylierte Kohlenwasserstoffe mit mono- und polyaromatischen Ringen (meist ein bis vier Ringe). Die exakte Zusammensetzung ist nicht bekannt, daher ist die Analytik und Bewertung von Einzelverbindungen nicht zielführend. Für diese Gruppe kann aufgrund ihrer krebsverdächtigen Eigenschaften kein Grenzwert abgeleitet werden, bei denen ein Produkt sicher ist. Es gilt das ALARA (As Low As Reasonably Achievable) Prinzip. Sind Mineralöle in kosmetischen Mitteln nun gefährlich oder nicht? Mit dieser Fragestellung hat sich auch das BfR ausführlich beschäftigt. In seiner Stellungnahme aus dem Februar 2018 (Stellungnahme Nr.008/2018) stellte das BfR fest, dass von hochraffinierten (!) Mineralölen in Kosmetika keine gesundheitlichen Risiken nach dem derzeitigen Kenntnisstand zu erwarten sind, wenn die derzeit geltenden Empfehlungen für diese Art der Kosmetik eingehalten werden. Hierbei wurde neben der dermalen Exposition auch eine orale Exposition durch Lippenkosmetika berücksichtigt. Aus Sicht der Behörde können hohe Belastungen der Mineralöl-Rohstoffe mit krebsverdächtigen MOAH-Verbindungen als technisch vermeidbar angesehen werden und stehen somit im Widerspruch zur guten Herstellungspraxis.

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Hin zu pflanzlichen Rohstoffen führte der nächste Vortrag von Herrn Hans-Jörg Rösch von der Firma WALA Heilmittel GmbH mit dem Titel „Schätze der Natur – Sicherheitsbewertung pflanzlicher Rohstoffe“. Herr Rösch beschrieb den Weg von der Idee eines neuen pflanzlichen Rohstoffs zum finalen, einsatzfähigen und als sicher bewerteten kosmetischen Rohstoff. Kenntnis der botanischen Abstammung, der Spezies und die eindeutige Identifikation der Pflanze sind essentiell. Der Pflanzenteil muss definiert werden und damit, welche Inhaltsstoffe zum Einsatz kommen soll. Wildsammlungen bergen etwaigen Verwechslungsgefahren. Bei unklarer Herkunft der Wildsammlungen sollte man Vorsicht walten lassen und auch die Nachhaltigkeit der Ernte und die Schonung des Habitats berücksichtigen. Beim Anbau sollte die Qualität über eine kontrollierte Primärerzeugung gesichert werden. Auch beim gezielten Anbau lauern potentielle Gefahren, wie abweichende Ernteverfahren, Beikräuter oder unterschiedliche Anbauarten durch die Verunreinigungen in den Pflanzenextrakt eingetragen werden. Die Herstellung hat großen Einfluss auf die Zusammensetzung und somit auf das toxikologische Profil des gewonnenen Pflanzenextrakts. Zur Charakterisierung und Spezifizierung bedient man sich der phytochemischen Analytik für Hauptinhaltsstoffe und toxikologisch relevante Beistoffe. Dann wird der charakterisierte Pflanzenextrakt in einer Expositionsbetrachtung toxikologisch bewerte. Hierzu dienen vor allem Daten aus der Literatur der Ursprungs-Pflanze bzw. zu relevanten Komponenten derselben. Oft können zur Bewertung Analogien aus dem Lebensmittel- oder Arzneimittel-Bereich herangezogen werden.

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Herr Dr. Bernhard Fellenberg vom BAV Institut Offenburg hielt den Vortrag „Keimen den Garaus machen: Antimikrobielle Wirksamkeit kosmetischer Mittel und deren Auslobung“. Von Seife, über Mundwasser bis zum Handgel brüsten sich kosmetische Mittel mit ihrer antimikrobiellen Wirkung. Doch ist das rechtens? Wann handelt es sich bei solchen Produkten noch um Kosmetik und wann schon um Biozide oder gar Arzneimittel? Entscheidend für die Kategorisierung ist der Hauptverwendungszweck des Produktes. D. h., wenn die Hinweise auf die antibakterielle Wirksamkeit sekundär gegenüber der vorwiegend kosmetischen Zweckbestimmung sind, wird das Produkt als Kosmetik eingestuft. Ist die Hauptaufgabe des Produktes eine Verminderung oder Abtötung von Keimen, so wird es sicherlich als Biozid eingestuft werden. Zielt die Auslobung auf die Behandlung und / oder Linderung von Krankheiten durch die Verminderung von Keimen o. ä., so fällt das Produkt sogar unter die Definition von Arzneimitteln. Um Wirkversprechen zu belegen, hat die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche und angewandte Kosmetik e. V. (DGK) ein Positionspapier zur „Belegbarkeit von Auslobungen zu einer antibakteriellen / antimikrobiellen Wirksamkeit kosmetischer Mittel“ verfasst. Auch hilft es bei einer sinnvollen Testung: es muss bekannt sein, um was für einen Produkttyp es sich handelt, welches Wirkversprechen belegt werden soll und die eingesetzten Wirkstoffe.

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Eine Neuerung zu den Tagungen in den Vorjahren war eine Special lecture zu Werten in der Kosmetikbranche. In einer sehr kurzweiligen Darstellung berichtete Herr Eugen Lakkas von der Firma Schwalbenfisch Corporate Communications aus Ludwigsburg über die Bedeutung von Firmenwerten und wie diese von allen Unternehmensmitgliedern gelebt und nach außen getragen werden können. Durch individuelle und prägnante Unternehmenswerte lässt sich ein Alleinstellungsmerkmal schaffen oder ausbauen. Gibt es keine Klarheit über diese, so ist ein authentisches Firmenbild nach außen und innen nur schwierig zu bewerkstelligen. Fallen auf dem Weg zu passenden Firmenwerten sind die „Norm“ (Werte, die vorausgesetzt werden), die „Wolke“ (unmerkbar viele Werte, die erst noch priorisiert werden müssen), sowie die „Theorie“ (Werte wandern in die Schublade oder verstauben auf der Webseite).

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Frau Elfriede Dambacher von der Firma naturkosmetik konzepte aus Dortmund referierte über die Trends, die Marktentwicklung und die Grenzen der Naturkosmetik. Schlagbegriffe sind Individualisierung, Naturkosmetik, Nachhaltigkeit und Digitalisierung zu nennen. Die aktuellsten Veränderungen erfährt der Kosmetiksektor durch Augmented Reality zum „Ausprobieren“ am eigenen Körper und mit Apps für das Smartphone wie z.B. ToxFox oder COSMILE. Durch sie erhält der Verbraucher Transparenz über die Inhaltsstoffe der Kosmetik direkt am Kaufhausregal. Auf dem Markt sind konventionelle Kosmetik, naturnahe Kosmetik und Naturkosmetik vertreten. Naturkosmetik selbst lässt sich weiter unterteilen in zertifizierte Naturkosmetik, Reformkosmetik und nicht zertifizierte Naturkosmetik. Der heutige Verbraucher versteht unter dem Begriff der Naturkosmetik jedoch neben „echter“ Naturkosmetik auch naturnahe Kosmetik. Diese Vermischung der Natürlichkeitsgrade hat Greenwashing einzelner Produkte und Marken zur Folge, die auf den Naturkosmetik-Zug aufspringen möchten, ohne „echte“ Naturkosmetik zu sein. Und genau hier zeigen sich auch die Grenzen der Naturkosmetik. Da eine eindeutige Definition des Naturkosmetik-Begriffs fehlt, gibt es eine Vielzahl an Claims und Labels, die bestimmte Produkte „grüner“ wirken lassen, als sie sind. Hier ist der aufgeklärte Verbraucher gefragt, der sich durch den Label-Dschungel nicht entmutigen lässt.

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Einen Einblick in die Arbeit der behördlichen Überwachung lieferte Frau Claudia Baumung vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Karlsruhe mit Untersuchungsschwerpunkten und aktuellen Rechtsentwicklungen. Der Sicherheitsbericht ist gemäß der Europäischen Kosmetikverordnung 1223/2009 für alle kosmetischen Mittel vorgeschrieben. Die Leitlinie zu Anhang I der Kosmetikverordnung gibt eine praktische Hilfestellung zur Erfüllung dieser Anforderung. Aufgrund der Produkt- und Rezepturvielfalt ist ein Sicherheitsbericht stets eine Einzelfallbewertung und auf das jeweilige Produkt zugeschnitten. Dem Sicherheitsbericht hat das CVUA Karlsruhe einen Schwerpunkt gewidmet. Bei einer Kontrolle durch die behördliche Überwachung wird zunächst überprüft, ob ein Sicherheitsbericht überhaupt vorliegt, dann auf Plausibilität geprüft. Die häufigsten Mängel sind fehlende Informationen bei „Verunreinigungen, Spuren, Informationen zum Verpackungsmaterial“, in der „Berücksichtigung von SCCS Stellungnahmen“ und in der „Angabe von Quellen und Literatur“. Im Sicherheitsbericht sind Angaben wie „keine Information vorhanden“ oder „nicht bekannt“ nicht akzeptabel. Die verantwortliche Person für ein kosmetisches Mittel sollte im Idealfall alle Arbeitsschritte eines Sicherheitsberichts nachvollziehen können und dem Sicherheitsbewerter alle ihm notwendigen und relevanten Informationen zur Erstellung des Sicherheitsberichts zur Verfügung stellen. Darüber hinaus sollte die verantwortliche Person dafür Sorge tragen, dass der Sicherheitsbericht auch nach dem Inverkehrbringen stets aktuell gehalten wird.

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Zum Abschluss öffnete Frau Dorothee Stumpf die Asservaten-Kammer von LMC Service. In Ihrem Vortrag „Akte LMC: Der Sicherheitsbericht deckt auf“berichtete sie über Kurioses und Lustiges aus der Arbeit eines Sicherheitsbewerters. Überschrittene Höchstmengen der Kosmetikverordnung oder gar in der EU verbotene Inhaltsstoffe eingesetzt – neben dem Fehlen von relevanten Daten oder gar der genauen Rezeptur – sind dies Abbruchkriterien für eine Sicherheitsbericht. In anderen Fällen war eine eingehendere Untersuchung von Nöten. So deckt der Sicherheitsbewerter durch die Rohstoffunterlagen versteckten Gehalten an Konservierungsstoffen, Stabilisatoren und Antioxidantien auf. Aus dem Fundus der Raritäten stammen Rohrreiniger und benutztes Frittierfett als Rohstoffe für die Seifenherstellung. Auch Tierisches wie Schaben-Extrakt, hydrolisierte Alpaka-Wolle oder halluzinogener Kliff-Honig wollten in die Creme-Tiegel und -Töpfe, was ihnen nicht gelang, da in allen Fällen eine qualitative Eignung als kosmetischer Rohstoff nicht vorgewiesen werden konnte. Als Fazit riet Frau Stumpf den Zuhörern auf das „Kleingedruckte“ zu achten. Das heißt, die eingesetzten Rohstoffe genau auf ihre Zusammensetzung hin zu prüfen und auf Inhaltsstoffe mit Höchstmengenbeschränkungen zu achten. Im Idealfall bezieht man einen Sicherheitsbewerter oder einen Experten mit Kenntnis der Rechtslage und den stofflichen Besonderheiten einzelner Inhaltsstoffe schon frühzeitig in den Entwicklungsprozess mit ein.

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Am 06.02.2020 laden wir Sie herzlich zur 5. LMC Kosmetik-Tagung nach Stuttgart ein. Seien Sie im Jubiläumsjahr dabei und erfahren Sie Aktuelles und Interessantes aus dem Bereich der Kosmetik aus erster Hand. Informationen finden Sie zur gegebenen Zeit auf unserer Tagungsseite www.LMC-Service.de/Event. Oder registrieren Sie sich hier für unseren kostenlosen Newsletter. Eine Abmeldung ist jederzeit möglich.

 

Ihr Team von LMC Service